Der European Case Law Identifier (ECLI, deutsch: ‚Europäischer Rechtsprechungs-Identifikator‘) ist ein Ordnungssystem und eine standardisierte Identifikationsmöglichkeit (Standardidentifikator) für Entscheidungen der Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Gerichtshofs der Europäischen Union, des Europäischen Patentamts sowie aller anderen interessierten Staaten und Internationaler Organisationen. Rechtsgrundlagen sind die Schlussfolgerungen des Rates mit einem Aufruf zur Einführung des European Case Law Identifier (ECLI) und eines Mindestbestands von einheitlichen Metadaten für die Rechtsprechung (2011/C 127/01) vom 29. April 2011. Das ECLI-Projekt selbst ist am 27. Oktober 2011 gestartet.

Die unverwechselbare Identifikation erfolgt dadurch, dass der Code (Standardidentifikator) aus fünf durch einen Doppelpunkt getrennten Teilen besteht, die in ihrer Kombination jeweils nur einmal vergeben werden.

Mit der Einführung des ECLI soll keine Datenbank auf europäischer Ebene aufgebaut werden. Der ECLI ist Teil des Systems „E-Justice“ – siehe dazu auch das Europäische Justizportal.

Das Konzept ähnelt der aus dem angloamerikanischen Bereich bekannten neutral citation (siehe Case citation in der englischen Wikipedia), je nach Bildung des fünften ECLI-Elements mehr (z. B. Niederlande) oder weniger (z. B. Deutschland).

Konzeption

Der ECLI als Identifikator wurde vor dem Hintergrund der Functional Requirements for Bibliographic Records (FRBR) konzipiert. Die FRBR unterscheiden zehn verschiedene Entitäten, die Gegenstand einer bibliographischen Katalogisierung sein können. In der Gruppe 1 dieser Entitäten wird zwischen Werk (work), Expression (expression), Manifestation (manifestation) und Exemplar (item) unterschieden. Bezogen auf eine Gerichtsentscheidung bezeichnet die Werkebene (erste Ebene) die Entscheidung selber im abstrakten Sinne. Diese Entscheidung kann in unterschiedlichen Ausführungen („Expressionen“ – z. B. ungekürzt oder gekürzt, anonymisiert oder nicht anonymisiert, in der Originalsprache oder in einer Übersetzung – zweite Ebene) vorliegen. Die jeweilige „Expression“ der Entscheidung kann in verschiedener Hinsicht manifestiert sein (dritte Ebene), etwa als im Original von Richterhand unterzeichnetes Papierexemplar, als PDF-Datei, als Grafik oder als Abdruck innerhalb einer Fachzeitschrift. Die konkreten Exemplare der Manifestation, etwa eine bestimmte Datei oder ein konkreter Band einer Entscheidungssammlung stehen schließlich auf der vierten Ebene.

Innerhalb dieser Ebene soll der ECLI die jeweilige Entscheidung auf der obersten, der Werkebene identifizieren. Er soll also die Entscheidung selber, nicht eine bestimmte Sprachvariante oder mediale Form kennzeichnen.

Aufbau und Verwendung

ECLI

Der Aufbau des ECLI ist einheitlich und darf nicht eigenmächtig von den Unionsmitgliedstaaten oder den Nutzern geändert, gekürzt oder erweitert werden:

ECLI:[Ländercode ]:[Gerichtscode ]:[Jahr der Entscheidung]:[einmalige Kennung] .

Beispiel: ECLI:NL:HR:1919:AG1776 = Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (HR) der Niederlande (NL) aus dem Jahr 1919 mit der Kennung des Unionsmitgliedstaates für dieses Urteil AG1776.

Das fünfte Element einmalige Kennung wird in den Ratsschlussfolgerungen (2011/C 127/01) Ordinalzahl genannt, doch sind dort auch Buchstaben zulässig (Anhang § 1 Nr. 5); bestehende nationale Identifizierungssysteme für Gerichtsentscheidungen sollten so weit wie möglich in den ECLI integriert werden (Anhang § 3.1 Nr. 3). Somit sind prinzipiell zwei Varianten zu unterscheiden:

  1. Vergabe einer fortlaufenden Nummer (z. B. EU, ES, FI, HR, MT, NL, SK)
  2. Bildung aufgrund des Aktenzeichens (z. B. BG, CZ, EE, PT, SI), ggf. auch des Entscheidungsdatums (z. B. CE, EP, DE, EL, LV).

Der Vorteil allein einer fortlaufenden Ordnungszahl, wie sie auch in der angloamerikanischen „neutral citation“ üblich ist, liegt in ihrer Kürze und damit leichterer Handhabung auf Benutzerseite. Der Vorteil der Zugrundelegung von Aktenzeichen bei nicht bestehendem System der Durchnummerierung liegt im geringeren Verwaltungsaufwand auf Anbieterseite und damit einhergehend der leichteren Erstreckung auf die Vergangenheit (wobei freilich wegen der Möglichkeit, dass mehrere Entscheidungen desselben Gerichts und Entscheidungstyps am selben Tag unter demselben Aktenzeichen ergehen, zur Wahrung der Eindeutigkeit eine Kollisionsnummer notwendig wird).

Metadaten

Das Ordnungssystem enthält auch eine Reihe einheitlicher Metadaten, um die Suche zu verbessern bzw. zu erleichtern. Der Mindeststandard wurde vom Rat der Europäischen Union vorgegeben.

1. Erforderliche Metadaten sind:

  • identifier (eine URL, unter der dieses Instanzdokument oder Informationen darüber zu finden sind);
  • isVersionOf (ECLI = Standardidentifikator);
  • creator (vollständiger Name des Gerichts. Name der Kammer oder der Abteilung kann hinzugefügt werden);
  • coverage (Land, in dem sich das Gericht befindet, unter Umständen auch Angabe für einen Teil eines (Bundes-)Staats);
  • date (Datum der Urteilsverkündung gemäß ISO 8601);
  • language (Sprache);
  • publisher (Organisation, die für die Veröffentlichung des Dokuments verantwortlich ist);
  • accessRights („öffentlich“ oder „privat“. Als „öffentlich“ deklarierte Dokumente müssen unter der angegebenen Internetadresse frei zugänglich sein);
  • type (Angaben zur Art der Entscheidung, z. B. „Gerichtsentscheidung“).

2. Ergänzende Metadaten sind bzw. können sein:

  • title (Titel, vorzugsweise der Name der Parteien oder ein Aliasname für diese – gemäß nationalen Datenschutzbestimmungen);
  • subject (Rechtsgebiet, aus welchem die Entscheidung stammt, z. B. Zivilrecht, Handelsrecht, Familienrecht, Insolvenzrecht, internationales Privatrecht, Strafrecht, EU-Recht, Verwaltungsrecht, Steuerrecht, Völkerrecht und Verfassungsrecht);
  • abstract (Kurzzusammenfassung der Rechtssache);
  • description (Schlüsselbegriffe oder Schlagworte zur Entscheidung);
  • contributor (Namen der Richter, des Generalanwalts und der anderen beteiligten Amtsträger);
  • issued (Datum der Veröffentlichung dieses Dokuments);
  • references (Hinweise auf andere Dokumente, bei Urteilen und wenn vorhanden der ECLI, bei EU-Rechtsakte die CELEX-Nummer, Hinweise auf nationale Rechtsakte, Urteile ohne ECLI oder wissenschaftliche Veröffentlichung die URL oder andere Identifizierung);
  • isReplacedBy (bei Neunummerierungen von Entscheidungen wird der neue ECLI hier eingetragen).

Mögliche Zeichen für die Kennung

Für die Eingabe der Daten darf nur das lateinische Alphabet und arabische Ziffern verwendet werden. Groß- und Kleinschreibung ist zulässig, sofern groß und klein geschriebene Buchstaben im entsprechenden elektronischen Informationssystem keine unterschiedliche Bedeutung haben. Vorzugsweise soll in Großbuchstaben geschrieben werden.

Verwaltung

Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat) ist für die Änderungen und Weiterentwicklung von ECLI zuständig. Die Europäische Kommission ist für die ECLI-Website und ECLI Suchschnittstelle verantwortlich sowie für die Zuteilung der verwendeten „Ländercodes“ für die internationalen Organisationen, die das System nutzen wollen.

ECLI-Koordinator

Jeder Mitgliedstaat, der den ECLI verwendet, muss eine Regierungsstelle oder Justizeinrichtung als nationalen ECLI-Koordinator benennen. Jedes Land darf nur über einen ECLI-Koordinator verfügen. Der ECLI-Koordinator für die EU ist der Gerichtshof.

Einführung in den Unionsmitgliedstaaten

Die Einführung und Verwendung des ECLI ist den Unionsmitgliedstaaten und allen anderen Staaten freigestellt.

Wird der ECLI in einem Unionsmitgliedstaat eingeführt, sind folgende Kriterien grundsätzlich anzuwenden (Empfehlungen):

  1. Die Mitgliedstaaten sollten den ECLI auf sämtliche Entscheidungen aller ihrer Gerichten anwenden;
  2. Sie sollten alle Gerichtsentscheidungen, die auf öffentlichen Websites veröffentlicht werden, mit einem Mindestbestand von Metadaten versehen.
  3. Sie sollten einen nationalen ECLI-Koordinator benennen.
  4. Der Gerichtshof der EU sollte am ECLI-System teilnehmen.
  5. Die Europäische Kommission sollte die ECLI-Website einrichten, und zwar als Bestandteil des E-Justiz-Portals.
  6. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sollten in enger Zusammenarbeit eine Verbundabfrage von Identifikatoren und Metadaten einrichten.
  7. Die Mitgliedstaaten und ihre Gerichte sollten über ihre nationalen Websites und Veröffentlichungen Informationen über den ECLI, die ECLI-Website und die Suchschnittstelle verbreiten, auch wenn der ECLI bei ihnen noch nicht eingeführt wurde.
  8. Abgesehen von den Mitgliedstaaten werden auch die beitrittswilligen Länder und die Lugano-Staaten aufgefordert, das ECLI-System zu benutzen.
  9. Die Mitgliedstaaten sollten dem Rat jährlich über die Fortschritte bei der Einführung des ECLI und der Metadaten für die Rechtsprechung berichten.

ECLI-Suchmaschine

Im Mai 2016 startete die von Anhang § 5 der Schlussfolgerungen vorgesehene ECLI-Schnittstelle.

Die folgende Tabelle enthält für jeden der 21 Teilnehmerbereiche das Jahr der ECLI-Einführung, die gerundete Anzahl der Dokumente, die mittels der ECLI-Suchmaschine auffindbar sind, und das Publikationsjahr des frühesten dieser Dokumente (Stand: Mai 2020).

Umsetzung von ECLI bei den einzelnen Teilnehmern

Gemäß den Schlussfolgerungen des Rates, steht es den Mitgliedstaaten frei, sich für eine Implementierung von ECLI in ihren nationalen Systemen zu entscheiden. Internationale Organisationen können ebenfalls teilnehmen und einen „Ländercode“ bei der Europäischen Kommission beantragen. Außer für die Gerichte der EU, des Europarats (EGMR) und die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts ist der ECLI Mitte 2020 in Belgien, Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Kroatien, Lettland, Malta, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Spanien, der Slowakei, Slowenien und Tschechien in Gebrauch; zumindest für Obergerichte auch in Frankreich, Griechenland und Italien. Für Rumänien gibt es eine Ausarbeitung, die aber – soweit ersichtlich – nicht angewandt wird. Dänemark, Irland, Litauen, Luxemburg, Polen, Schweden, Ungarn, das Vereinigte Königreich und Zypern nehmen ebenso wie Island, Norwegen und die Schweiz derzeit (2020) nicht teil.

In den Beispielen unten führt der Link unter ECLI auf den Eintrag in der ECLI-Suchmaschine, der Link am Ende auf die betreffende Volltextdatenbank.

EU – Europäische Union

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist der ECLI-Koordinator für die EU. ECLI wurde am 24. März 2014 für Entscheidungen des Gerichts und Schlussanträge des zugewiesenen Generalanwalts eingeführt. Bei den Gerichtskennungen steht (wie bei den Aktenzeichen) „C“ für Cour de justice/EuGH, „T“ für Tribunal/EuG und „F“ für fonction publique/öffentlicher Dienst (EuGöD, ein ehemaliges Fachgericht).

  • Beispiel: ECLI:EU:C:2005:446

Zitierweise des EuGH

Auf das Präfix „ECLI“ wird von den europäischen Gerichten „im Interesse einer möglichst konzisen Angabe“ bei der Zitierung verzichtet; Beispiele:

  • Urteil vom 12. Juli 2005, Schempp, C-403/03, EU:C:2005:446, Rn. 19
  • Urteil vom 6. Juni 2007, Walderdorff/Kommission, T-442/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:161

CE – Europarat

Format: ECLI:CE:ECHR:JJJJ:MMTTabc123456789

  • Beispiel: ECLI:CE:ECHR:1976:0518DEC000682574 (isländischer Hundefall)

DEC steht für Decision (Entscheidung über die Zulässigkeit), JUD für Judgment (Urteil in der Hauptsache). Gutachten (wie in der Sache P16-2018-001) erhalten keinen ECLI.

EP – Europäische Patentorganisation

Das Europäische Patentamt hat den ECLI im Jahr 2013 rückwirkend eingeführt. Der ECLI-Koordinator im Europäischen Patentamt ist das Publication Department.

Aufbau des ECLI des Patentamtes:

  • ECLI
  • Ländercode: EP
  • Gerichtscode: BA (BA= Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts)
  • Jahr der Entscheidung (Format JJJJ)
  • Ordinalzahl bestehend aus:
    • Nummer der Entscheidung (Nummer der Sache ohne Schrägstrich) bestehend aus 7 Ziffern → 1 Ziffer (Art der Entscheidung) 4 Ziffern (Ordinalzahl der Entscheidung) 2 Ziffern (die letzten zwei Ziffern des Jahres des Eingangs der Beschwerde)
    • Codes für die Entscheidungsarten des EPA:
      • D: Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten
      • G: Große Beschwerdekammer
      • J: Juristische Beschwerdekammer
      • T: Technische Beschwerdekammern
      • W: Entscheidungen über PCT-Widersprüche
      • R: Entscheidungen über Anträge auf Überprüfung
  • Punkt
  • Datum der Entscheidung (Format JJJJMMTT – im untenstehenden Beispiel 3. Mai 2002)
  • Beispiel: ECLI:EP:BA:2002:D000300.20020503

AT – Österreich

In Österreich wurde die Einführung in ECLI Anfang 2014 begonnen. Der nationale ECLI-Koordinator in Österreich ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort.

Im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich erhalten nicht nur Entscheidungstexte (TE), sondern auch daraus abgeleitete Rechtssätze (RS) ECL-Identifikatoren. Rechtssätze sind komprimierte Zusammenstellungen der wesentlichen Aussagen einer Gerichtsentscheidung (vgl. Leitsatz).

In der ordentlichen Gerichtsbarkeit erhält jeder Rechtssatz eines Gerichts einen eigenen Identifikator, dem verschiedene Entscheidungstexte zugeordnet sein können.

  • Beispiel: Dem Rechtssatz ECLI:AT:OGH0002:1983:RS0016914 ist nicht nur die Stammentscheidung ECLI:AT:OGH0002:1983:0010OB00581.83.0413.000 zugeordnet, sondern zahlreiche weitere Entscheidungen (sog. „überlanger RS“), darunter etwa ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00189.19Y.1216.000 mit eigenem Beisatz (T77).

Beim Verwaltungsgerichtshof erhält derselbe Rechtssatz verschiedene Identifikatoren, die jeweils aus dem Identifikator für den Entscheidungstext abgeleitet sind; auf den Stammrechtssatz wird verwiesen (sog. GRS-Klausel; GRS = gleicher Rechtssatz).

  • Beispiel: Aus dem Entscheidungstext ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020033.L00 wurde der Rechtssatz ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020033.L01 abgeleitet; er enthält den Hinweis „GRS wie Ra 2016/04/0006 B 17. Februar 2016 RS 2“ = ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016040006.L02.

BE – Belgien

ECLI-Koordinator: Föderaler Öffentlicher Dienst Justiz (Federale Overheidsdienst Justitie, Service Public Fédéral Justice)

  • Gerichtscodes
  • Beispiel: ECLI:BE:CASS:2016:ARR.20160902.4

BG – Bulgarien

ECLI-Koordinator: Oberster Justizrat (Висш Съдебен Съвет – ВСС)

  • Beispiel: ECLI:BG:DC530:2017:20160100630.001

CZ – Tschechien

Die Tschechische Republik hat im April 2012 mit der Umsetzung begonnen.

ECLI-Koordinator: Oberster Gerichtshof (Nejvyšší soud)

  • Beispiel: ECLI:CZ:NS:2012:6.TDO.1416.2012.1
    • CZ Ländercode (CZ für die Tschechische Republik);
    • NS ist die Abkürzung (der Code) des Gerichts, das die Entscheidung erlassen hat (NS für den Obersten Gerichtshof);
    • 2012 gibt das Jahr an, in dem die Entscheidung erlassen wurde;
    • 6.TDO.1416.2012 ist das nationale Aktenzeichen [spisová značka] – ohne Leerschritte und Schrägstriche; diese werden jeweils durch Punkte ersetzt;
    • die letzte Zahl (im Beispiel „1“) gibt die laufende Nummer von Entscheidungen unter ein und demselben Aktenzeichen an. Durch die Angabe der laufenden Nummer wird sichergestellt, dass nicht für mehrere Entscheidungen eines Gerichts in ein und demselben Jahr dieselbe ECLI-Nummer vergeben wird.

DE – Deutschland

Deutschland begann die Einführung des ECLI am 23. September 2013. Der nationale ECLI-Koordinator in Deutschland ist das Kompetenzzentrum Rechtsinformationssystem des Bundes (CC-RIS) beim Bundesamt für Justiz in Bonn.

  • Beispiel: ECLI:DE:BVerwG:2002:170402U9CN1.01.0

Aufbau:

  • ECLI
  • Ländercode „DE“
  • Gerichtscode, z. B. „BVerwG“
  • Jahr der Entscheidung, z. B. „2002“
  • sog. Ordinalzahl, bestehend z. B. aus
    • genauem Datum der Entscheidung (TTMMJJ), z. B. „170402“ (= 17. April 2002)
    • Abkürzung für den Entscheidungstyp, z. B. „U“ für Urteil oder „B“ für Beschluss
    • Aktenzeichen, z. B. „9CN1.01“
    • Kollisionsnummer für den Fall, dass mehrere Dokumente mit dem gleichen Entscheidungstyp am gleichen Tag mit dem gleichen Aktenzeichen vorliegen, z. B. „0“

Beim fünften Element (Ordinalzahl) sind in Deutschland drei Varianten zu unterscheiden:

  • BVerfG: Verfahrensart Spruchkörper JJJJMMTT (Kollisionsbuchstabe) . Aktenzeichen mit vierstelliger Eingangsnummer
    • Beispiel: ECLI:DE:BVerfG:2016:bs20160301c.2bvb000113
  • übrige Bundesgerichte: TTMMJJ Entscheidungstyp Aktenzeichen.JJ . einstellige Kollisionsnummer
    • Beispiel: ECLI:DE:BGH:2016:150316B2STR487.15.2
  • Gerichte der Länder: MMTT . Aktenzeichen.JJ . zweistellige Kollisionsnummer
    • Beispiel: ECLI:DE:LGSTUTT:2015:0126.6KLS34JS2588.10.00

Offiziell vergeben wird der ECLI beim BVerfG und beim BVerwG umfassend, beim BSG ab 2010, beim BAG ab 2015, bei BGH und BFH ab 2016 und beim BPatG ab 2017; ferner in den Entscheidungsdatenbanken der meisten Bundesländer (bisher aber nicht in Bayern, Bremen, Hamburg und Sachsen). „0A“ als zweistellige Kollisionsnummer zeigt bei automatisierter Vergabe an, dass das Vorliegen weiterer Entscheidungen vom selben Tag nicht geprüft wurde.

Zitierweise des BVerwG

Beispiele:

  • BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 2013 – 6 P 7.12 ECLI:DE:BVerwG:2013:190213B6P7.12.0 – BVerwGE 146, 48 Rn. 14
  • EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 – C-298/96 ECLI:EU:C:1998:372, Ölmühle – Rn. 23 f.
  • EGMR, Urteil vom 10. Februar 2005 – Nr. 64387/01 [ECLI:CE:ECHR:2005:0210JUD006438701 ], Uhl/Deutschland – Rn. 27

EE – Estland

In Estland wird die ECLI-Kennung seit 2016 allen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (Riigikohus) und zu Entscheidungen der beiden Bezirks- und der vier Landgerichte hinzugefügt.

  • Beispiel: ECLI:EE:RK:1995:3.2.1.23.95.92

EL – Griechenland

Griechenland nimmt mit dem Staatsrat am ECLI-System teil.

  • Beispiel: ECLI:EL:COS:2019:0716A1319.15E1049

ES – Spanien

ECLI-Koordinator: Zentrum für Gerichtsdokumentation, eine technische Einrichtung des Allgemeinen Rates der Justiz (Centro de Documentacion Judicial, Consejo General del Poder Judicial – CENDOJ-CGPJ).

  • Beispiel: ECLI:ES:AN:2014:2389
    • ECLI;
    • dem Ländercode: „ES“;
    • dem Gerichtscode: einem Akronym zur Angabe des Gerichts, an dem das Urteil ergangen ist (siehe: Repositorio Oficial de Jurisprudencia – ROJ-Kennung);
      • „AN“ für nationales Gericht (Audiencia Nacional)
      • dem Jahr der Entscheidung (Beispiel: 2014);
      • der laufenden Nummer (Beispiel: 2389), die im Fall von Spanien der laufenden Nummer nach der nationalen ROJ-Kennung entspricht;
      • zusätzlich wird bei einem Beschluss (Auto) der Buchstabe A an die laufende Nummer gehängt.
  • Älteste spanische Entscheidung mit ECLI: ECLI:ES:TS:1852:1

FI – Finnland

ECLI-Koordinator: Justizministerium (Oikeusministeriö, Justitieministeriet)

  • Beispiel Oberster Gerichtshof (KKO): ECLI:FI:KKO:2011:43
  • Beispiel Oberster Verwaltungsgerichtshof (KHO): ECLI:FI:KHO:2003:98

Beim Verwaltungsgerichtshof (KHO) ergibt sich eine Besonderheit für die Veröffentlichung einer Urteilszusammenfassung (kein Volltext), bei der der laufenden Zahl ein T (Taltionumero) vorangestellt wird.

  • Beispiel: ECLI:FI:KHO:2010:T3764

FR – Frankreich

Frankreich hat im September 2012 mit der Einführung des ECLI begonnen.

ECLI-Koordinator: Direktion für Rechts- und Verwaltungsinformation (Direction de l’information légale et administrative – DILA)

  • Beispiel Conseil constitutionnel: ECLI:FR:CC:2012:2012.270.QPC
  • Beispiel Cour de cassation: ECLI:FR:CCASS:2013:CR00710
  • Beispiel Conseil d’État: ECLI:FR:CESSR:2013:355099.20130301

HR – Kroatien

Kroatien hat am 18. Januar 2017 mit der Umsetzung begonnen.

  • Beispiel: ECLI:HR:VSRH:2004:6455

IT – Italien

ECLI-Koordinator: Generaldirektion Informatik (Direzione Generale Sistemi Informativi Automatizzati – DGSIA) des italienischen Justizministeriums

  • Beispiel Corte costituzionale: ECLI:IT:COST:1962:46
  • Beispiel Corte Suprema di Cassazione: ECLI:IT:CASS:2015:5513CIV
  • Beispiel VG Bozen: ECLI:IT:TRGABZ:2019:178SENT

LV – Lettland

ECLI-Koordinator: Gerichtsverwaltung (Tiesu administrācija)

  • Beispiel: ECLI:LV:AT:2019:0226.A420227714.4.S

MT – Malta

Malta hat 2011 mit der Einführung des ECLI begonnen. „Courts of Malta“ ist der nationale ECLI-Koordinator.

  • Beispiel: ECLI:MT:AKI:2020:119835

NL – Niederlande

Der ECLI wurde in den Niederlanden am 28. Juni 2013 eingeführt und ersetzt die nationale LJN-Kennung.

ECLI-Koordinator: Niederländischer Justizbeirat (Raad voor de rechtspraak)

  • Gerichtscodes

Aufbau des ECLI:

  • „ECLI“;
  • Ländercode „NL“;
  • Code des Gerichts
  • Jahr der Entscheidung;
  • Seriennummer:
    • Vor dem 28. Juni 2013 wurden praktisch sämtliche Entscheidungen, die in den Niederlanden bekanntgemacht wurden, mit einer „LJN“ (Landelik Jurisprudentie Nummer bzw. Länderfallnummer) versehen. Die LJN bestand aus zwei Buchstaben und vier Ziffern nach dem Muster „AB1234“. Zur Wahrung der Konsistenz geht die LJN als fünfte Komponente in den ECLI-Code ein.
      • Beispiel: ECLI:NL:HR:1919:AG1776
    • Seit dem 28. Juni 2013 werden keine LJN mehr vergeben. Seither werden alle Entscheidungen, die einen ECLI erhalten, mit einer ausschließlich aus Ziffern bestehenden fortlaufenden Seriennummer versehen. Dies kann auch auf Entscheidungen zutreffen, die vor dem 28. Juni 2013 ergingen.
      • Beispiel: ECLI:NL:RVS:2014:4117 (Fall Zwarte Piet)

PT – Portugal

ECLI-Koordinator: Oberster Rat der Gerichtsbarkeit (Conselho Superior da Magistratura)

  • Beispiel: ECLI:PT:STJ:2018:2069.14.1T8PRT.P1.S1.24

RO – Rumänien

ECLI-Koordinator: Justizministerium (Ministerul Justiției)

  • Gerichtscodes

SI – Slowenien

Slowenien führte den ECLI zum 1. Oktober 2011 ein.

ECLI-Koordinator: Oberster Gerichtshof der Republik Slowenien (Vrhovno sodišče Republike Slovenije)

  • Beispiel: ECLI:SI:VSRS:2009:IV.IPS.36.2009.A

SK – Slowakei

In der Slowakei werden ECLI für alle Gerichtsurteile vergeben, welche nach dem 25. Juli 2011 bekannt gemacht worden sind (mit Ausnahmen und Sonderregelungen).

ECLI-Koordinator: Abteilung Rechtsinformatik und Rechtsstatistik des Justizministeriums der Slowakischen Republik (Ministerstva spravodlivosti Slovenskej republiky).

  • Beispiel: ECLI:SK:NSSR:2018:6017200055.1

Gerichtscodes

Siehe auch

  • Gerichtscode
  • European Legislation Identifier (ELI)
  • LegalDocML.de – Das deutsche Anwendungsprofil des XML-Standards für Gerichts- und Rechtsetzungsdokumente Akoma Ntoso basiert auf einem modellbasierten Entwicklungsansatz von XÖV
  • E-Justice
  • Europäisches Justizportal

Weblinks

  • ECLI-Suchmaschine
  • European Case Law Identifier (ECLI) (mehrsprachig).
  • Schlussfolgerungen des Rates mit einem Aufruf zur Einführung des European Case Law Identifier (ECLI) und eines Mindestbestands von einheitlichen Metadaten für die Rechtsprechung
  • Einführung des European Case Law Identifier. Zusammenfassung der Gesetzgebung. In: EUR-Lex. Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union; abgerufen am 24. April 2023 
  • Codes der Mitgliedstaaten und der Bewerberländer gemäß den Interinstitutionellen Regeln für Veröffentlichungen
  • Interaktive Erklärung des ECLI am Beispiel des Bundesverwaltungsgerichts.
  • Alexander Rott: Der European Case Law Identifier – EU-Standard für eine bessere Justiz. In: JurPC. JurPC Web-Dok. 1/2017, 2017, doi:10.7328/jurpcb20173211. 

Einzelnachweise


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